Klimastabile Wiederaufforstung des Stadtwaldes statt „Massenabschuss und Kopfgeld“ in Bad Honnef

In einer Pressemitteilung vom 09.11.2023 behaupten fünf Natur- und Tierschutzvereinigungen, die Stadt habe ein Ansinnen, „den Abschuss von Rehen und anderen Paarhufern im kommenden Jahr massiv zu intensivieren“ und würde hierzu auf eine Strategie mit „Massenabschuss und Kopfgeld“ für Rot- und Schwarzwild zu setzen. Die Vereinigungen unterstellen in ihrer Mitteilung der Stadt, gegen Grundsätze des Tier- und Naturschutzes zu verstoßen, die Hege des Waldes als „Schädlingsbekämpfung“ zu betrachten und durch die Hege das Risiko zu erhöhen, „dass in der Region sich ansiedelnde Wölfe verstärkt Haustiere angreifen, wenn ihre natürliche Beute knapp wird.“ Die zitierten Anwürfe der genannten Vereinigungen entbehren aus Sicht der Stadt Bad Honnef einer fachlich fundierten Betrachtung: „Es ist nicht möglich, in der Pressemitteilung richtige Aussagen, aus dem Zusammenhang gerissene Fakten, falsche Aussagen, zulässige Meinungen und abstruse Behauptungen auseinanderzuhalten. Hier werden durch barbarische Formulierungen völlig falsche Bilder und Emotionen erzeugt: weder der Sachverhalt, noch der politische Auftrag zur naturgemäßen Waldbewirtschaftung werden korrekt wiedergeben. Vielmehr scheinen die Verfasser lediglich darauf abzuzielen, Empörung und Ängste zu schüren“, sagt Holger Heuser, Erster Beigeordneter der Stadt Bad Honnef.

Zum Hintergrund:

Die Stadt Bad Honnef betreibt seit Jahren in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Rhein-Sieg-Kreises, dem Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft, angrenzenden privaten Waldbesitzern, Arbeitsgemeinschaften und Verbänden den Umbau des Stadtwaldes hin zu einem klimaresilienten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Wald. So wurden zuletzt im Juli 106 Hektar des rund 1200 Hektar großen Stadtwaldes dem Naturschutzprojekt Chance 7 zur Entwicklung eines „urwaldartigen Waldes“ übergeben. Alle übrigen Flächen des Stadtwaldes werden zertifiziert nachhaltig bewirtschaftet.

Auf Antrag der CDU-Fraktion hatte der Ausschuss für Umwelt, Mobilität, Klimaschutz und Wald des Rates der Stadt Bad Honnef in seiner Sitzung vom 22. April 2021 mit großer Mehrheit beschlossen, den Stadtwald nach den Grundsätzen der Naturgemäßen Waldwirtschaft entsprechend der Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) zu bewirtschaften. Die Grundsätze sehen „die nachhaltige Erbringung ökonomischer, ökologischer und soziokultureller Leistungen des Waldes für Eigentum und Gesellschaft im Rahmen der Sozialpflichtigkeit“ vor und stellen klar: „Der Wald muss so genutzt werden, dass seine vielfältigen Funktionen dauerhaft erhalten, ggf. verbessert werden. Er soll auch zukünftigen Generationen für die Erzeugung des nachwachsenden Rohstoffes Holz, als Einkommensquelle, zur Erholung und Gesundheit sowie als Lebensraum für Flora und Fauna“ zur Verfügung stehen. Hierzu führt die Arbeitsgemeinschaft weiter aus: „Es gilt der Grundsatz „Wald vor Wild“.“ Damit ist gemeint, dass zum Schutz und zur Weiterentwicklung des Waldes Bestandsmanagement betrieben werden kann bzw. unter Umständen auch betrieben werden muss.

Auch der BUND selbst hat die Notwendigkeit eines Bestandsmanagements zum Schutz der Naturverjüngung und Nachpflanzungen bekannt und auf seiner Internetseite www.bund.net unter der Überschrift „Wildtiermanagement und Jagd waldfreundlicher gestalten“ mit Positionen und Forderungen begründet:
„Durch die Praxis der vergangenen Jahrzehnte haben die Schalenwildbestände Rekordhöhen erreicht. Besonders der Verbiss durch Rehe macht es jungen Laubbäumen schwer, überhaupt aufzuwachsen. Dadurch bleibt die natürliche Verjüngung der Wälder auf der Strecke, auch gepflanzte Bäumchen werden abgebissen.
Der dringend notwendige Umbau des Waldes weg von naturfernen Nadelforsten hin zu naturnahen Laubmischwäldern unterbleibt dadurch. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Durch die Klimakrise sind wir mehr denn je auf naturnahe Laubmischwälder angewiesen, die der Trockenheit besser standhalten können und erheblich zur Trinkwasserneubildung beitragen.
Doch nur, wenn das Wildtiermanagement stimmt und die natürliche Verjüngung von Laubbäumen eine Chance hat, kann uns der Waldumbau noch gelingen. Deshalb fordert der BUND ein waldfreundliches Wildtiermanagement.“

Um den politischen Auftrag der Waldbewirtschaftung nach den Grundsätzen der Naturgemäßen Waldwirtschaft erfüllen und den Wald entsprechend der Grundsätze weiterentwickeln zu können, müssen die durch Naturverjüngung entstandenen oder durch Nachpflanzungen gesetzten Jungbäume auf den Borkenkäfer-Kalamitätsflächen vor allem vor Wildverbiss geschützt werden. Aufgrund eines guten bis zu guten Nahrungsangebots und zunehmend milder Winter haben sich aus Sicht der Stadt Bad Honnef untypische Verhältnisse, aus Sicht der Natur- und Tierschutzvereine „optimale Umweltbedingungen“ ergeben, die einen hohen Wildbestand zur Folge haben.
Zur Hege und zur Bestandskontrolle im Stadtwald gehört auch die Jagd. Die Stadt Bad Honnef hat vor einigen Jahren begonnen, die Verträge der städtischen Eigenjagdbezirke neu zu ordnen und in Pirschbezirke umzuwandeln.

Mutmaßlicher Anlass der Pressemitteilung war eine Informationsveranstaltung der Stadt Bad Honnef für Jägerinnen und Jäger für jene Jagdreviere, deren bisherige Pachtverträge nun auslaufen und neu geordnet werden, wie es in anderen Jagdrevieren in Bad Honnef bereits seit Jahren in anderen Jagdrevieren der Stadt mit Erfolg praktiziert wird:
Früher wurden Jagdreviere im Stadtwald im Rahmen an sogenannte Jagdpächter langfristig, in der Regel neun Jahre, verpachtet. Die Stadt hatte in den verpachteten Jagdrevieren weder Einfluss auf die Art und Intensität der Bejagung noch eventuell durch den Jagdpächter beteiligte Jagdgäste.
Entsprechend der naturgemäßen Waldbewirtschaftung und mit dem Ziel des nachhaltigen Walderhalts und Wiederaufbaus der Kalamitätsflächen hat die Stadt Bad Honnef daher vor einigen Jahren begonnen, auslaufende Jagdpachtverträge nicht zu verlängern, sondern als Eigentümerin des Stadtwaldes das Jagdrecht selbst zu verwalten: In den wieder selbstverwalteten Jagdrevieren können Jäger als sogenannte Begehungsscheininhaber mit entsprechenden durch die Stadt formulierten Auflagen in einem ihnen fest zugewiesenen Pirschbezirk die Jagd ausüben.
Damit und durch entsprechende Kontrollen stellt die Stadt sicher, dass die politisch beauftragten Nachhaltigkeitsziele im Stadtwald auch sicher eingehalten und die Jagd in Einklang mit geltendem Natur- und Tierschutzgesetz durchgeführt wird.
Sämtliche Verträge mit Jagdpächtern und Begehungsscheininhabern werden dem Rhein-Sieg-Kreis als Untere Jagdbehörde vorgelegt und durch diesen geprüft.